Welche Berufe kann ich mit Diabetes mellitus 1 wählen?
Die Diagnose eines Typ-1-Diabetes bringt viele Herausforderungen mit sich, ob bei der Arbeit, im Urlaub, auf Partys, oder auch bei der Berufswahl.
Während die meisten Tätigkeiten von Menschen mit und ohne Diabetes gleichermaßen ausgeübt werden können, muss bei der Auswahl bestimmter Berufe von Menschen mit DM 1 auf gewisse Risiken und Gefahren für sich und andere geachtet werden.
Hierzu zählen zum einen Berufe, bei denen es um die Beförderung von Personen geht, wie Berufskraftfahrer, Taxifahrer, Pilot oder Zugführer. Sollte es dort während der Berufsausübung zu einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) mit anschließendem Bewusstseinsverlust kommen, hätte das weitgehende Konsequenzen für alle Beteiligten.
Zum anderen betrifft das auch Beschäftigungen, die mit einem hohen Selbstverletzungsrisiko einhergehen, wie Dachdecker, Gebäudereiniger oder Bauarbeiter.
Dazu kommen Berufe, bei denen der Gebrauch von Schusswaffen bedeutsam sein könnte, wie zum Beispiel Polizisten oder Soldaten.
Schulabschluss, was nun?
Während Jugendliche und junge Erwachsene in der Vergangenheit nicht die Möglichkeit hatten, nach dem Schulabschluss die eben genannten oder ähnliche Berufe zu ergreifen, hat sich zum Glück in den letzten Jahren einiges geändert. Die Berufswahl ist heute viel weniger eingeschränkt.
Die Voraussetzungen und Vorgaben für Menschen mit Typ-1-Diabetes für eine Ausbildung oder ein Studium in diesen Beschäftigungsfeldern wurden in letzten Jahren neu überarbeitet. So ist die Zulassung zum Beruf jetzt meist vom persönlichen Gesundheitszustand abhängig und wird individuell erteilt. Möglich geworden ist das durch die verbesserte Eigenkontrolle und die verbesserten Kenntnisse der Menschen mit Diabetes über die eigene Krankheit.
Personenbeförderung oder Berufskraftfahrer mit Typ-1-Diabetes? Mittlerweile ist auch das möglich!
Während in den „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung“ der Bundesanstalt für Straßenwesen bis 2014 noch ausdrücklich stand, dass jeder Mensch mit Typ-1-Diabetes, der mit Insulin behandelt wird, als unfähig zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt, wurde diese Regelung reformiert und die Begutachtungsrichtlinien bei Diabetes neu geregelt.
Für Personen, die gut geschult sind, deren Blutzucker gut eingestellt ist und bei denen die Gefahr für relevante Hypoglykämien (Unterzuckerungen) nahezu ausgeschlossen ist, stellt die Erkrankung für den Personentransport wie Taxifahrer und Omnibusfahrer kein grundsätzliches Hindernis mehr dar. Diese Berufe stehen jetzt also auch Typ 1ern offen. Das frühzeitige Erkennen von Hypoglykämien und regelmäßige Kontrollen mit Langzeit-Blutzuckermessungen sind jedoch absolute Voraussetzung für die Vermeidung von Komplikationen und die Berufsausübung.
Menschen mit Typ-1-Diabetes müssen trotzdem auch heute noch oftmals für diese Rechte kämpfen, da viele Straßenverkehrsbehörden noch von den veralteten Leitlinien ausgehen und die Erteilung der Fahrerlaubnis verweigern.
Traumberuf Polizistin? Ein großer Schritt voran dank Alizée Agier!
Im Oktober 2018 gelang der französischen Karatekämpferin und mehrfachen Welt- und Europameisterin Alizée Agier, die an einem Typ-1-Diabetes erkrankt ist, ein wichtiger Sieg für die Berufswahl für Menschen mit Diabetes.
Zunächst wurde die Hochleistungssportlerin aufgrund ihres Diabetes mellitus als körperlich ungeeignet eingestuft, obwohl sie alle Tests für die Aufnahme bei der französischen Polizei erfolgreich bestanden hatte. Das hielt sie aber nicht davon ab, weiter für ihre Rechte zu kämpfen. Nach monatelangen Verfahren hob das Verwaltungsgericht Straßburg diese Entscheidung wieder auf.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses wegweisende Urteil auch in Deutschland Schule macht und Menschen mit Typ-1-Diabetes bei bewiesener guter Blutzuckerkontrolle nicht mehr systematisch von der Polizei ausgeschlossen werden. Auch bei der Berufswahl Polizist*in ist es wichtig, dass eine Einzelfallbewertung vorgenommen wird.
Pilot werden mit Diabetes Typ 1? Auch das ist möglich!
Die Gesetzeslage in Deutschland ist leider klar: Menschen mit Insulinbehandlung dürfen (noch) nicht als Pilot arbeiten. In Ländern wie Großbritannien oder Kanada gelten aber bereits andere Regelungen.
Eine 2012 in Großbritannien durchgeführte Studie unter an Typ-1-Diabetes erkrankten Piloten ergab bei Messung der HbA1c-Werte (Blutzuckerlangzeitwerte) sehr gute Ergebnisse, weshalb die nationale Luftfahrtbehörde die Ausübung dieses Berufes genehmigte. Durch neue Messsysteme wie z. B. CGM-Sensoren (Continuous Glucose Monitoring), die am Oberarm im Unterhautfettgewebe sitzen, kann kontinuierlich der Glukosespiegel gemessen werden. Es gibt sogar CGM-Systeme, die im hohen und tiefen Bereich warnen oder sogar schon Voralarm abgeben, wenn der Trend nach unten erkennbar ist.
Diese neuen Verfahren reduzieren damit erheblich die potenziellen Risiken und werden hoffentlich dafür sorgen, dass der Pilotenberuf auch in Deutschland für Menschen mit Typ-1-Diabetes ein Traumjob werden kann.
Egal welcher Beruf – das Wichtigste ist eine gute Blutzuckereinstellung!
Unabhängig davon, welchen Beruf Sie als Mensch mit Typ-1-Diabetes ergreifen möchten: Das Wichtigste ist eine gute Blutzuckereinstellung und eine ebenso gute Diabetesschulung, die Sie dazu befähigt, autonom und verantwortungsbewusst Ihre Therapie zu managen. Das ist für jeden Beruf von Vorteil, nicht nur für die erwähnten besonders sensiblen Tätigkeitsfelder.
Bereits an Diabetes erkrankte Kinder sollten, unabhängig von ihrem Alter, von Anfang an ggf. mit den Eltern geschult werden, damit später der Wahl ihres Traumberufes nichts im Wege steht. So lernen sie bereits früh, schwierige Alltagssituationen mit ihrem Diabetes zu meistern. Jugendliche in der Pubertät benötigen natürlich andere Schulungsinhalte als Kinder im Grundschulalter. Regelmäßige, an das jeweilige Alter angepasste Schulungen sind unabdingbar für eine unkomplizierte Ausbildungs-, Studien- und Berufswahl im Erwachsenenalter.